Kulturgut-Verlust in
Köln
In Köln ist am Dienstag, 3. März 2009 um 14.00 das Stadtarchiv
eingestürzt, vor dem sich eine 28 Meter tiefe Baugrube
der Kölner U-Bahn befand. Schlamm und Trümmer bedecken die Unglücksstelle,
die wegen der Lebensgefahr beim Betreten nur unzureichend mit einer Plane
gegen die starken Regenfälle der letzten Woche gesichert wurde. In
diesen Stunden beginnen Archivmitarbeiter, die Trümmer von Hand wegzuräumen.
Vieles muß als unrettbar verloren gelten, anderes wird jahrelanger
Restaurierungsarbeiten bedürfen. Zu den Verlusten zählen Tausende
von Akten, Urkunden und Inkunabeln, die bis zu 1000 Jahre zurückreichen,
Spezialquellen wie die 'Turmbücher', aus denen die Alltagsgeschichte
des Mittelalters nachvollziehbar wird, bedeutende Nachlässe und Teilnachlässe
von Autoren wie Heinrich Böll und Hans Mayer, Architekturmodelle,
eine wertvolle Offenbach-Sammlung und vieles mehr.
Manches darunter war für die Varnhagen-Forschung von
Interesse, so das Redaktionsarchiv der "Neuen Rheinischen Zeitung",
die Karl Marx in den Jahren 1848/49 in Köln redigierte, oder das
Manuskript zu Heinrich Hubert Houbens Buch "Die Rheingräfin.
Das Leben der Kölnerin Sybille Mertens-Schaaffhausen", das 1935
dem Stadtarchiv vermacht wurde. Für die Buchfassung war es laut Vorwort
von Hanns Martin Elster "stark gekürzt" worden.
Schlimmer noch als alle archivalischen Verluste: Mindestens zwei Menschen
waren über eine Woche lang vermißt und wurden inzwischen tot
geborgen. 33 Menschen haben mit ihrem Obdach alle ihre Habe verloren.
Eine 84-jährige Rentnerin, die in den ersten Tagen umstandslos in
ein Altenheim verbracht worden war, hat sich - mittlerweile auf Kosten
der Stadt in einem Hotel wohnend - das Leben genommen. In den ersten 72
Stunden kümmerte sich kaum jemand um die schlecht informierten Evakutierten.
Anders als der Direktor des Literaturarchivs Marbach Ulrich
Raulff, der die Zusammenlegung von Schriftsteller-Nachlässen in Zentralarchive
fordert, sind wir der Auffassung, daß Archive dezentralisiert und
der Bevölkerung geöffnet werden sollten. Einschränkungen
bei der Nutzung, restriktive Kopier- und Reproduktions-Bestimmungen und
arbeitnehmer-unfreundliche Öffnungszeiten sorgen dafür, daß
den Bürgern die Geschichte der eigenen Stadt weitgehend verborgen
bleibt.
Mikroverfilmung oder Digitalisierung sind kein neuer "Nürnberger
Trichter", aber für jedes Archiv sollten Sicherheitskopien existieren,
und die Nutzung möglichst vieler Interessenten sollte angestrebt
werden. Nur ein Archiv, das intensiv genutzt wurde, kann sich über
viele Epochen erhalten. Was der Öffentlichkeit verborgen bleibt,
fällt dem Vergessen und möglicher Vernachlässigung anheim.
Die Kostbarkeiten der Anna-Amalia-Bibliothek waren auf einem Speicher
gelagert, als sie verbrannten.
Initiative zugunsten der Archivbestände:
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Zu Spenden für das Kölner Stadtarchiv, mit denen die Bergung,
Sicherung und Restaurierung finanziert werden soll, hat das Stadtarchiv
in Mannheim aufgerufen. Der Verein garantiert, dass sämtliche
Spenden an das Kölner Stadtarchiv weitergeleitet werden. Wichtig
ist, dass jede Überweisung mit dem Stichwort "Spende für
Köln" versehen ist. Die Kontoverbindung des Vereins der
Freunde des Stadtarchivs Mannheim e. V. finden Sie hier...
Eine Stellungnahme zur Sprachlosigkeit der Kölner Politik
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das Internetportal ebertplatz.de
Varnhagen Gesellschaft, März
2009
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