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Exposés für die Tagung: "...nur in Europaisch so ausdrüken"
1. - 3. Oktober 2004 Ort: Schloß Gnadenthal bei Kleve

Tagungsprospekt und Anmeldeformular:
(Acrobat Reader erforderlich)

 

 

Freitag, 1. Oktober 2004
18.00: Eröffnung
Dr. Barbara Hendricks MdB (Kleve): Grußwort
Dr. Ina Pfitzner (Berlin): Übersetzen im Europa der 25
19.00: I. Literatur im Salon - Salon in der Literatur. Moderation: Kornelia Löhrer (Köln)
Christiane Nägler (Eltville): Rom, Paris, Florenz: Salonnièren aus Deutschland und ihre Präsenz in Europa
Dr. Mirjam Haller (Köln): Die Versuche und Hindernisse Karls von Varnhagen, Neumann, Bernhardi und de la Motte Fouqué. Ein Konzept kollektiver Autorschaft um 1800
Zu den zentralen Paradigmen neuzeitlicher Literatur zählt seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Prinzip der Autorschaft. Als Funktion des Textes etabliert sich im Rahmen der Genieästhetik ein Konzept des Autors, das die Texte mit namhaften Absendern versieht und der "strikten Unifizierung von Papierstößen" (Kittler) dient.
Als Höhepunkt der Etablierung des Prinzips der Autorschaft als "Werkherrschaft" (Heinrich Bosse) gilt allgemein die Zeit um 1800. Übersehen wird dabei jedoch oft, daß dieses Prinzip zur gleichen Zeit erste nachhaltige Irritationen erfährt. Störungen, die das Prinzip der männlich konnotierten 'Autorität' über den Text um 1800 irritieren, wurden in den letzten Jahren vornehmlich durch feministisch orientierte Literaturanalysen ins Blickfeld gerückt. Doch auch Textproduktionen kollektiver Autorschaft irritieren das Bild des Autors genieästhetischer Provenienz. Nicht nur die Tatsache, daß sie von mehreren geschrieben sind, sondern auch die intertextuellen Verweise auf die Position des Autors in den Texten kollektiver Autorschaft um 1800 wirken irritierend auf eine Funktionalisierung, die sich in diesem Zeitraum zwar mehr und mehr etabliert, aber eben auch hinterfragt wird.
Texte kollektiver Autorschaft sind eng verknüpft mit geselliger Praxis. Am Beispiel des Romans Die Versuche und Hindernisse Karls. Eine deutsche Geschichte aus neuerer Zeit von Karl August Varnhagen, Wilhelm Neumann, August Ferdinand Bernhardi und Friedrich de la Motte Fouqué, der 1808 anonym erschien, lassen sich spezifische 'Schreibweisen der Geselligkeit' im Roman aufzeigen sowie deren produktive Irritationsmomente exemplarisch aufschlüsseln.
Foucault beschreibt vier "Modalitäten", in denen die Funktion 'Autor' bis heute ausgespielt wird: Der Autor fungiert als einheitliches Wertniveau, das es ermöglicht, Modifikationen oder Brüche im Werk des Autors im Rückgriff auf die Autorbiographie zu erklären. Der Autor fungiert als einheitliches Feld eines begrifflichen und theoretischen Zusammenhangs, der die Annahme der Einheit des Werks legitimiert. Der Autor fungiert als stilistische Einheit, die sich wiedererkennen läßt und viertens als geschichtlicher Augenblick und #Schnittpunkt von außer ihm liegenden Ereignissen#, die er umsetzt.
Diese Modalitäten werden von einem im Kontext des Varnhagenschen Kreises entstandenen Roman wie Die Versuche und Hindernisse Karls. Eine deutsche Geschichte aus neuerer Zeit unterlaufen:
1. Texte kollektiver Autorschaft irritieren die zeitgenössische Literaturkritik. Etablierte Wertungskriterien greifen angesichts der Unsicherheit, welcher Autor, welches Kapitel geschrieben hat, nicht mehr. So reagiert die Kritik auch auf Die Versuche und Hindernisse Karls abwertend. Zugleich setzen Versuche ein, einzelne Kapitel den Autoren zuzuordnen, wobei einzelne Kapitel bevorzugt werden.
2. Texte kollektiver Autorschaft irritieren die Annahme der Einheit und Abgeschlossenheit des Textes. Die Autoren der Versuche und Hindernisse Karls schreiben zum Teil 'gegeneinander', so daß sowohl die Handlung, als auch die Konzeption der Figuren Brüche aufweist. Intertextuell wird der Rahmen des Romans aufgebrochen, indem nicht nur Texte anderer Autoren zitiert werden, sondern als weitere zentrale Figur 'Wilhelm Meister' eingeführt wird, der sich, von der Herrschaft seines Autors befreit, recht skeptisch gegenüber Goethe äußert, statt dessen Schiller "bei weitem vorzieht".
3. Texte kollektiver Autorschaft irritieren die Funktion 'Autor' im Hinblick auf die Annahme einer stilistischen Einheit, die wiedererkannt werden kann. Versuchte die Kritik die Schreibweisen der einzelnen Autoren wiederzuerkennen, so wird auch dieses Verfahren im Roman mittels der Imitation der Schreibweisen Jean Pauls und Johann Heinrich Voß' ad absurdum geführt.
4. Die Funktion des Autors als Schnittpunkt historischer Ereignisse wird jedoch im Hinblick auf die Suche nach kollektiver Identität auch vom Autorenkollektiv der Versuche und Hindernisse Karls wahrgenommen. Der Roman endet mit einer Canzone nach Petrarca, in der die Niederlage Preußens im Krieg gegen Frankreich mit der fehlenden Einheit Deutschlands begründet wird. Die Parodie auf die Vorstellung des autonomen, sinnstiftenden Zugriffs sowohl des Autors auf seinen Text als auch des Subjekts auf sein Leben mündet letztlich in einer 'Vision' des zu stiftenden Kollektivs 'Deutschland'.
Dr. Katarzyna Grzywka (Warszawa, Polen): "Ich war einmal Thor genug, Gesellschaft zu suchen..." Zum literarischen Bild der Salonpraxis in der Komödie Die Theegesellschaft von Ludwig Tieck und in der satirischen Skizze Salon literacki von August Wilkonski
Samstag, 2. Oktober 2004
9.00: II. Goethes "Weltkulturerbe". Moderation: Christian Liedtke (Köln)
Prof. Dr. Klaus F. Gille (Amsterdam, Niederlande): "Wie die Erde in der alten Welt überall schon in Besitz genommen sey" - Varnhagen und Goethes Wanderjahre
DDr. Claudia Schweizer (Wien, Österreich): Ein Gemeinschaftsaufsatz von J.W. v. Goethe und Karl August Varnhagen von Ense: Die Rezension zur Monatschrift der Gesellschaft des Vaterländischen Museums in Böhmen (1830)
Holger-Falk Trübenbach (Berlin): Goethe, Novalis und Varnhagen - Theoreme und Inhalte ihrer Übersetzungsarbeit
Beate Weber (Berlin): "...die Welt einer neuen westländisch angehauchten Poesie" - Mori Ôgai als Sprachschöpfer und Vermittler europäischer Kultur in Japan
12.00: III. Deutsches - Jüdisches - Europäisches. Moderation: Angelika Mensching-Oppenheimer (Hamburg)
Prof. Dr. Marjanne E. Goozé (Athens, Georgia, USA): Europäische Aufklärung ins Preußische übersetzt: Wilhelm von Humboldt und die Judenemanzipation
Dr. Gerlinde Röder-Bolton (Guildford, U. K.): Goethe, Kleist und Heine - der kulturelle Austausch mit Marian Evans (George Eliot) und George Henry Lewes
15.00: IV. Deutsch-französische Zustände. Moderation: Karin Laakes (Bocholt)
Prof. Dr. Ursula Isselstein (Turin, Italien): Rahels "Vorvolk". Rezeption und Vermittlung der französischen Kultur durch Rahel Levin und Karl August Varnhagen
Hannah Lotte Lund (Potsdam): "Tout le Monde auf Ihrem Sopha". Die Rezeption französischer Salons und französischer Salonnièren im Varnhagenschen Kreis
Christian Liedtke (Köln): "...auf der Spitze der Welt": Heines Briefe aus Paris
Paolo Ferruta (Rom, Italien): Les deux monde von Gustave d'Eichthal und seine Beziehungen zu Rahel und Karl August Varnhagen: ein deutsch-französischer transfer culturel in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts
18.00: V. Nationalliteratur und Weltbürgertum. Moderation: Dr. Elke Wenzel (Bergisch Gladbach).
Ulf Jacob (Berlin): Fürst Pückler und der "liebliche Traum der St. Simonisten". Ein Versuch über Identität, Wissen und Landschaft
Dr. Nikolaus Gatter (Köln): "...wird es Ihnen einen europaischen
Reputazion Haß geben." Die Briefe von Alexander von Humboldt an Varnhagen von Ense (1860) und ihre internationale Wirkung.
Dr. Christina Ujma (Loughborough, U. K.): Ludmilla Assing, das Risorgimento und die Deutschen

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